NEU Mai 2010: Firdapse-Bio Marin informiert


 




© Foto 2011-07 Freya Matthiessen
BioMarin informiert leider nicht immer wissenschaftlich korrekt.

03. Mai 2010, ergänzt und teilw. überarbeitet 04. und 05. Mai 2010 + 05. Juli 2011 sowie 04. Okt. 2011

 

 

BioMarin bietet  Schriften für Ärzte und ein Leaflet für Patienten an.

Äußerst bedauerlich sind nach meinen Recherchen BioMarins opportunistische und  irreführende Angaben zur Arzneimittelsicherheit von 3,4-Diaminopyridin in:

"Firdapse™ (Amifampridin) - Produktmonographie"


Zunächst etwas Positives: Die Dosierungsangaben sind erfreulich sensibler behandelt
als in manchen Publikationen anderer Autoren..

 

Sprachlich missverständlich scheint mir die folgende Formulierung zu sein:
"Firdapse muss in getrennten Dosen drei- bis viermal täglich verabreicht werden.

 


Meine Anmerkungen zur Dosierung (F.M.)


Das "Muss" in BioMarins Schrift  soll sich sicherlich auf  "getrennte Dosen"  beziehen.
Ferner sollte es meiner Ansicht nach heißen:

 

 

Firdapse KANN drei- bis viermal verabreicht werden -

ggf. auch nur einmal!

Die Häufigkeit am Tag ist begrenzt bzw. vorgegeben  durch

 

 

♥ die Wirkzeit / Halbwertzeit / und Ausscheidung aus dem Körper (Elimination)

♥ die individuelle Ausprägung der Erkrankung,


♥ die Fluktuation
    (Muskelschwäche mal stärker, mal schwächer auftretend)


♥ die individuell täglich oder ereignisabhängige variierende körperliche Belastung
   über den Tag,  symptomangepasst.

 

♥ Es darf nicht vergessen werden,
   dass mit Firdapse™ mit dem einzigen Wirkstoff 3,4-Diaminopyridin (= Amifampridin)
   symptomatisch behandelt wird. Ein "Wirkstoffspiegel" - wie bespielsweise
   bei Diabetes - braucht ja nicht gleichmäßig aufrecht erhalten zu werden.
 

♥ Es gibt Patienten, die Amifampridin gar nicht benötigen,
   andere einmal, zweimal, drei- oder viermal pro Tag,
   aber bitte  immer nach Verordnung bzw. Absprache mit dem Arzt.

 

♥ Nach Ansicht heute führender Neurologen sollte die
   Einzeldosis 15mg, in seltenen Fällen ggf- 20 mg nicht überschreiten.




Titel der Schrift, die sich meine Anmerkungen (F. M.)  s.o. + s. u.  beziehen ist:
"Firdapse™ (Amifampridin) - Produktmonographie"


Die nachfolgenden Aussagen BioMarins (A und B) beziehen sich laut Quellenangabe jedoch auf
Fampridin (= 4-Aminopyridin).

BioMarin wirft 3,4-DAP und 4-AP unzulässigerweise  in einen "Gifttopf", um Qualitäten zu beweisen, die für ein ähnliches Produkt in "Vor-BioMarin"- Zeiten von Nicht-BioMarin-Wissenschaftlern beobachtet wurden.
Man schmückt sich mit doppelt fremden Federn und lässt sich das teuer bezahlen.


 

 

A: BioMarin:
"Die individuelle Anfertigung führte zu Arzneimitteln mit Mängeln" [Abfüllung in Steckkapseln durch Apotheken-Mitarbeiter].

 

BioMarin weiter:


B: "...und versehentliche Überdosierungen hatten...manchmal tödlich verlaufende unerwünschte

    Reaktionen zur Folge."  Die "Beweisführung" BioMarins sehe ich als manipulativ an. 

 


Es geht in den von BioMarin angegebenen Literaturquellen um 4-Aminopyridin (Fampridin), nicht um 3,4-Diaminopyridin (Amifampridin) und sie beziehen sich entsprechend nicht auf das Lambert-Eaton-Syndrom, sondern auf andere Erkrankungen, z. Teil  mit Begleiterkrankungen (Multimorbidität).

Anders als von BioMarin behauptet, ist in der Literatur nach meiner Recherche KEIN Fall einer Überdosierung mit 3,4-DAP beschrieben, der ursächlich zum Tode geführt hätte, oder bei dem bleibende Schäden aufgetreten wären.



Selbst ein Kleinkind, das eine der Kapseln der Mutter mit 3,4-DAP verschluckt hatte, überlebte. Sicherlich auch dank der kurzen Halbwertzeit von 3,4-DAP.

In der BioMarin-Schrift


„Firdapse Produktmonographie. Vorhandene Arzneimittel."

 

werden als Quellen für diese merkwürdige, m . E. unzulässige Informationsvermittlung, neben einem Artikel von Dr. A. Quartel, Direktor bei BioMarin London, genannt (Hervorhebungen nicht im Original):

Schwam E (2009):
Severe accidental overdose of 4-Aminopyridine 
due to a compounding pharmacy error.


Kommentar F.M.:

Die von BioMarin zitierte Fallbeschreibung bezieht sich auf die

10-mal über Verordnung liegende Dosis von 4-AP - NICHT von 3,4-DAP !.

die einem Patienten mit einer Wirbelsäulenläsion (!) verabreicht worden war.
Der Patient überlebte, allerdings mit dauerhaftem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.

Es muss noch einmal ausdrücklich gesagt werden:

Es handelte sich bei der Fallbeschreibung NICHT um die Behandlung von LEMS.
Auch nicht eine andere Kanalerkrankung (eine Störung prä-, intra, post-synaptisch zwischen Nerv und Muskel),  sondern um einen Defekt der Wirbelsäule.


Es ist bekannt, dass 4-AP leichter die Blut-Hirn-Schranke überwindet als 3,4-DAP.
Deshalb wird heutzutage ja auch 4-AP möglichst nicht verwendet.


Eine ZEHNMAL über Norm liegende Einzeldosis entspräche bei 3,4-DAP statt Einzedosen von 10-20 mg, 100mg - 200mg. Also die Dosis für 2 bis 4 Tage auf einmal geschluckt!!


Mein Kommentar (F.M.):


Fehlerhafte und unvorhergesehen toxisch wirkende Zubereitungen kommen sowohl bei Individualrezepturen als auch bei schon zugelassenen Fertigarzneimitteln vor und sind ein generelles, in der Literatur beschriebenes Phänomen. Siehe auch die nicht gar zu seltenen Rückrufaktionen von zugelassenen Arzneimitteln bekannter Pharma-Konzerne !!!


In der von BioMarin zitierten Literatur kann ich die behaupteten Todesfälle nach iatrogenen Überdosierung mit 4-AP oder 3,4-AP NICHT entdecken.


Ich kann aber Literaturbeispiele nennen (s.u.), wo hohe Überdosierungen (durch die Patienten selbst - aus Versehen) und 1x als "Unfall") GLIMPFLICH  verliefen.

 

Es folgen hier nun Fallbeschreibungen als Gegengewicht zur Information durch BioMarin::


Die übelsten iatrogenen Intoxikationen führten nicht zum Tod.
Ein Beispiel für einen tödlichen Verlauf kann ich nicht entdecken.
Falls ein solcher Fall veröffentlicht sein sollte, müsste man genau hinschauen,
in welchem Zustand sich der Patient vor der Überdosierung sich befand.
F.M.


"A previously healthy 8-month-old white boy presented to a emergency department (ED) 40 minutes after he was found ingesting up to 20 mg of his grandmother's 4-AP. His grandfather found him with green-colored saliva around his mouth, which is the same color as the contents of the 4-AP capsule. This capsule was the only one missing, according to relatives...... The patient did not have any further episodes of increased muscular tone and was not given any other medications during the PICU stay. He was transferred to a regular ward after 6 hours of PICU observation. We reevaluated him 20 hours after the ingestion, and he was completely asymptomatic. He was restarted on formula feeds without difficulty".


"The child was discharged from the hospital the next day."


Quelle: Larissa Velez et al.: 4-Aminopyridine Ingestion by a Healthy Pediatric Patient (3)  



In derselben Veröffentlichung werden weitere Fälle von Dosierungsirrtümern durch Patienten sowohl für 4-AP als auch 3,4-DAP vorgestellt: Alle verliefen glimpflch.


"There have been few reported cases of 4-AP intoxication. Spyker and colleagues4 wrote one of the earliest reports of 4-AP poisoning in 1980. They reported 3 male patients who had ingested "pinch amounts" of an avicide containing 99% 4-AP in the belief that it was Spanish fly (cantharidin)".


"Two of them were hospitalized ...Both patients made full recoveries."


Weiterhin ebenda:


"Stork and Hoffman18 reported 3 cases of overdose by adult patients with multiple sclerosis who were on 4-AP therapy....."


"All of the patients required intubation, but none of them had reported permanent sequelae."



Und:


"In 1996, Pickett and Enns19 described a case of a 34-year-old woman with multiple sclerosis who had doubled her usual daily 4-AP dosing regimen......"


"The effects lasted for _1 hour. As in the other cases, she was treated with benzodiazepines and had a full recovery."




Und ein Beispiel für 3,4-DAP in diesem Beitrag:


"3,4-Diaminopyridine is a structurally related compound that has also been used for disorders of neuromuscular transmission.... Studies suggest that it is more potent and has fewer side effects than 4-AP. However, seizures were reported in a patient who was taking 3,4-diaminopyridine for Eaton-Lambert syndrome and inadvertently received a higher dose of this medication... Despite suffering cardiac arrest, she survived and recovered completely."



Ich sehe weitere Kritikpunkte - allerdings als Nicht-Medizinerin und Nicht-Pharmakologin sowie Nicht-Juristin- und werde meine Sicht der Dinge - wie immer mit wissenschaftlichen Nachweisen - an dieser Stelle weiter ausführen.  Für Korrektur-Hinweise inhaltlicher Art bin ich nur allzugerne zu haben.
Es geht schließlich um Verbesserungen zum Vorteil von Patienten.



Freya Matthiessen

23/24. Januar 2010



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Quellen:

 

(1) David J Nicholl, David Hilton-Jones, Jacqueline Palace,, Sam Richmond, Sarah Finlayson, John Winer, Andrew Weir, Paul Maddison, Nick Fletcher, Jon Sussman, Nick Silver, John Nixon, Dimitri Kullmann, Nick Embleton, David Beeson, Maria Elena Farrugia, Marguerite Hill, Chris McDermott, Gareth Llewelyn, James Leonard, Michael Morris:
Orphan Drugs: Open letter to prime minister David Cameron and health secretary Andrew Lansley.
BMJ 341:doi:10.1136/bmj.c6466 (Published 16 November 2010

 

(2) Larissa Velez, Farshad Shirazi, Collin Goto, Greene Shepherd and Brett A. Roth:
Opisthotonic Posturing With Neuromuscular Irritability
Attributable to 4-Aminopyridine Ingestion by a Healthy Pediatric Patient.
Pediatrics
2003;111;e82-e84 Downloaded from www.pediatrics.org by on June 27, 2010)

 

Weitere Literaturhinweise fehlen lediglich NOCH aus fehlender Tipp-Zeit-und Anstrengungs-Gründen.


 

 

 

(1) http://www.lems.com/

 

    Übersichtlich - auf Englisch.
    Ausführliche Informationen für Patienten und ihre Familien über das
    Lambert-Eaton-Myasthenic Syndrome (LEMS).
   

 

Dort können Sie das Merkblatt für LEMS-Patienten auf Deutsch und auch auf Englisch herunterladen!!
Die Seite ist hervorragend  übersichtlich, die Sprache patientengerechter als in anderen Publikationen.
Fachlich Kompliziertes wird Schritt für Schritt auf der Verständnisebene von medizinischen Laien erläutert.


 Inhaltlich wären allerdings Überarbeitungen hilfreich und nötig - wie ja bei fast allen Erstausgaben in der Medizin und 
 anderswo.

z.B. unter "Quick Facts" - There are two different types of LEMS."
Vgl. Text "Are there different types of LEMS? Dort verschiedene Punkte.

 

 


 

 

(2) BioMarin:
     "Leben mit einem Lambert-Eaton Myasthenischen Syndrom:
       Merkblatt für Patienten".

 

 Vier 4 DIN A5-Seiten Informationen = Druckschrift, im Internet herunterladbar.


Die folgende Aussage, die  Myasthenia-gravis - Artikeln entnommen scheint.

 

"Möglicherweise werden Sie sich noch viele Jahre mit LEMS auseinandersetzten müssen,
aber die Behandlungsmöglichkeiten werden ständig weiterentwickelt, und schon mit den heute verfügbaren Mtteln ist LEMS so gut kontrollierbar, dass Sie ein fast normales Leben führen können."

 

Diese Aussage und deren mögliche soziale Konsequenzen für die Betroffenen sollte Firma BioMarin doch bitte noch einmal überprüfen und differenzieren.

BioMarin führt als erste Behandlungsmöglichkeit immunsuppressive und immunmodulatorische Maßnahmen an.


Immunglobuline, Plasmapherese, Immunadsorption und die eigentlichen Immunsuppressiva werden bis auf zwei von den KK nur, wenn überhaupt auf besonderen Antrag hin bezahlt. Die Anwendungen sind durchaus nicht immer erfolgreich und sie sind auch nicht ohne Risiko. Und,  meint BioMarin, man könne ein "fast normales" Arbeitsleben führen? Entweder man kann eine Arbeit normal leisten, oder man wird entlassen.

 

Vergessen wir doch auch nicht die Controller der privaten Krankenhausträger, die Krankheiten danach bewerten, welcher Profit sich damit erwirtschaften lässt. LEMS gehört nicht zu den Favoriten.


" Normal" ist immerhin auch der Patient im Rollstuhl.


Was ein "fast normales Leben " ist, werden Patienten, Arbeitgeber, Versicherungen, Gutachter und Sozialgerichte sehr unterschiedlich sehen - und auch die Pharmaindustrie in ihrer Werbung.


Die Behandlungsmöglichkeiten sind auch aufgrund der sogenannten Komorbidität begrenzt, d.h. LEMS-Menschen haben  genaus gehäuft - wie der Rest der europäischen Menschheit - Erkrankungen, deren gute Behandelbarkeit in vielen Fällen die des LEMS verschlechtert und umgekehrt. Gehäufter haben LEMS-Betroffene ja bekanntermaßen weitere Autoimmunerkrankungen.

Das LEMS mag im Prinzip und in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden können. Was bedeutet da "im Prinzip" wenn mehr
als die Hälfte der Erkrankten einen aggressiven, erst spät diagnostizierbaren Lungenkrebs entwickeln.


Ein fast normales Leben?


Ich habe ausführliche Patientenberichte (z.Teil jeweils über Jahre) und deren Arztbriefe von mehr als 20 Betroffenen in 10 Jahren erhalten ((Eurpa und Übersee), dazu bei weitem mehr kürzere, überwiegend mündliche, Schilderungen ihrer Lebenssituation.


Ein "fast normales Leben" hat niemand von ihnen führen können.
Natürlich sucht man Austausch und Rat als Betroffener oder Angehöriger eher in sehr problematischen Situationen.


Vergleichen Sie bitte die Textausschnitte im


Merkblatt:

"Leben mit einem Lambert-Eaton Myasthenischen Syndrom"


Booklet:      

"Living with Lambert-Eaton Myasthenic Syndrome"

 

 

"....the current treatments can help to bring LEMS under good enough control so that you can have a reasonably normal life."


"....schon mit den heute verfügbaren Mitteln ist LEMS so gut kontrollierbar, dass Sie ein fast normales Leben führen können."

 

Meine (F.M.) Übersetzung des englischen Textes:
Die derzeitigen Therapien KÖNNEN HELFEN, LEMS recht gut zu kontrollieren, so dass Sie  EINIGERMASSEN / LEIDLICH NORMAL leben können.

 

Übrigens: Es gibt einen guten Grund, warum "Dolmetscher" auf Englisch "Interpreter" genannt werden.


Beide Versionen - falls ein Arzt sich auf diese Aussagen stützt, aus welchen Gründen auch immer - könnten diesen Arzt dazu verleiten, den Patienten eines schlampigen Umgangs mit der verordneten Therapie zu beschuldigen.  Ist ja nicht besonders selten.

"Fehlende Compliance: Patienten, die dem Arzt etwas vorgaukeln"

Deutsches Ärzteblatt 102, Ausgabe 10 vom 11.03.2005, Seite A-704 / B-596 / C-556.
http://www.aerzteblatt.de/V4/archiv/artikel.asp?src=heft&id=45812


Matthiessen, Freya: Vorgaukeln: Feindbild - Leserbrief zum Artikel
http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=4730


Balkenüberschriften führen den Leser durch eine übersichtliche und gute Gliederung des Textes. Sprachlich hat man sich spürbar allergrößte Mühe gegeben: Schwierige Sachverhalte werden gut verständlich dem medizinischen Laien erklärt, Fachsprache wird weitestmöglich vermieden.

 

Die Diagnostik ist meines Erachtens zu stark verkürzt und vereinfacht beschrieben: 


EMG - und schon steht die Diagnose,


BioMarin: "Vielleicht ist auch ein Bluttest auf die Antikörper durchgeführt worden".......


Bebildert ist dieses kleine Merkblatt mit großen Portraits zweier Männer  - die Bilder tauchen auch woanders in der Werbung anderer Firnen auf, das  Foto einer Frau fehlt - zum Glück. Ich halte diese lächelnden, lachenden in Katalogen auswählbaren und herunterladbaren Darstellungen von Personen  allerdings grundsätzlich für ein modernes Unwesen. In den anderen Schriften (nicht im Internetauftritt) hat BioMarin auf diese allgemein übliche Praxis verzichtet. Das Design ist unaufdringlich.

 


(3) "Verwandeln Sie das Leben Ihrer LEMS-Patienten in einen Triumph - jeden Tag neu".


Brauchen Ärzte diese Sprache?
Die Qualitäten von "Firdapse werden mit "3,4-DAP" verglichen.
Der Wirkstoff in Firdapse ist allerdings die chemische Substanz 3,4-DAP.

Den Unterschied in Individualpräparationen wie Steckkapseln und Firdapse ist natürlich überzeugend.


Mein Kommentar zum Inhalt folgt später.

 

 


 

 

(4) "Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels". mit ausführlichen Informationen.

 

Folgende Aussagen unter "4.8 Nebenwirkungen" sollten korrigiert werden:


"Das Lambert-Eaton-Syndrom ist eine sehr seltene genetische Störung."


LEMS ist natürlich eine erworbene Autoimmunerkrankung, wie a.a.O von BioMarin auch beschrieben.






(5) "Firdapse™ (Amifampridin) - Produktmonographie"

Die Ausführlichste Schrift und mit Quellenangaben


Die Dosierungsangaben sind erfreulich sensibler behandelt als in manchen Publikationen anderer Autoren..

 

Sprachlich missverständlich scheint mir die folgende Formulierung zu sein:
"Firdapse muss in getrennten Dosen drei- bis viermal täglich verabreicht werden.


Das "Muss" soll sich sicherlich auf "getrennte Dosen"  beziehen.
Ferner sollte es meiner Ansicht nach heißen:

Firdapse KANN drei- bis viermal verabreicht werden - ggf. auch nur einmal! Die Häufigkeit am Tag ist begrenzt bzw. vorgegeben  durch

 

- die Wirkzeit / Halbwertzeit / und Ausscheidung aus dem Körper (Elimination)

- die individuelle Ausprägung der Erkrankungdie Fluktuation
  (Muskelschwäche mal stärker, mal schwächer auftretend)

- die individuell täglich oder ereignisabhängige variierende körperliche Belastung
   über den Tag, symptomangepasst.

 

Es darf ja nicht vergessen werden, dass mit Firdapse "lediglich" symptomatisch behandelt wird.
Ein "Wirkstoffspiegel" muss ja  nicht gehalten werden, im Gegenteil - aus verschiedenen Gründen.


Es gibt Patienten, die Amifampridin gar nicht benötigen, andere einmal, zweimal, dreimal oder viermal pro Tag, je nach Verordnung.

Die Einzeldosis sollte nach Ansicht heute führender Neurologen jedoch 15mg, ggf. und in selltenen Fällen 20 mg nich überschreiten.


Erstens geht es doch in dieser  Produktmonographie um Amifampridin.
Die nachfolgenden Aussagen (A und B) beziehen sich laut Quellenangabe jedoch auf Fampridin.

.

Zweitens: Ist denn  die Verknüpfung von Sachverhalten (A und B)  im Sinn von Ursache und Wirkung hier gegeben? BioMarin wirft 3,4-DAP und 4-AP unzulässigerweise  in einen "Gifttopf".

 

A: "Die individuelle Anfertigung führte zu Arzneimitteln mit Mängeln" [Abfüllung in Steckkapseln durch Apotheken-Mitarbeiter]

BioMarin:


B: "...und versehentliche Überdosierungen hatten...manchmal tödlich verlaufende unerwünschte Reaktionen zur Folge."

 


Es geht  in der von BioMarin angegebenen Literaturquellen um 4-Aminopyridin (Fampridin) und auf andere Erkrankungen, ggf. mit Begleiterkrankungen (Multimorbidität), nicht 3,4-Diaminopyridin (Amifampridin).

In der Literatur ist nach meiner Recherche kein Fall einer Überdosierung mit 3,4-DAP beschrieben, der zum Tode führte,


oder bei dem bleibende Schäden auftraten.

Selbst ein Kleinkind, das eine der Kapseln der Mutter mit 3,4-DAP
verschluckt hatte, überlebte. Sicherlich auch dank der kurzen Halbwertzeit von 3,4-DAP.

 

 

(2) BioMarin: „Die individuelle Anfertigung führte zu Arzneimitteln mit Mängeln...versehentliche Überdosierungen hatten schwerwiegende und manchmal tödlich verlaufende unerwünschte Reaktionen zur Folge."

In: BioMarin „Firdapse Produktmonographie. Vorhandene Arzneimittel."


Als Quellen für diese merkwürdige, m . E. unzulässige Informationsvermittlung wird neben einem Artikel von Dr. A. Quartel, Direktor bei BioMarin London, genannt:

Schwam E (2009): Severe accidental overdose of 4-Aminopyridine due to a compounding pharmacy error.


Kommentar F.M.:

Die von BioMarin zitierte Fallbeschreibung bezieht sich auf die

10x über Verordnung liegende Dosis von 4-AP (NICHT 3,4-DAP!),

die einem Patienten mit einer Wirbelsäulenläsion (!) verabreicht worden war.
Der Patient überlebte, allerdings mit dauerhaftem Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.

Es muss noch einmal ausdrücklich gesagt werden:

Es handelte sich bei der Fallbeschreibung NICHT um die Behandlung von LEMS.
Auch nicht eine andere Kanalerkrankung (eine Störung prä-, intra, post-synaptisch zwischen Nerv und Muskel),
sondern um einen Defekt der Wirbelsäule.


Es ist bekannt, dass 4-AP leichter die Blut-Hirn-Schranke überwindet als 3,4-DAP.
Deshalb wird heutzutage ja auch 4-AP möglichst nicht verwendet.
Eine ZEHNMAL über Norm liegende Einzeldosis entspräche bei 3,4-DAP statt Einzedosen von 10-20 mg,
100mg - 200mg. Also die Dosis für 2 bis 4 Tage!


Mein Kommentar (F.M.):


Fehlerhafte und unvorhergesehen toxisch wirkende Zubereitungen kommen sowohl bei Individualrezepturen als auch bei schon zugelassenen Fertigarzneimitteln vor und sind ein generelles, in der Literatur beschriebenes Phänomen. Siehe auch die nicht gar zu seltenen Rückrufaktionen von zugelassenen Arzneimitteln bekannter Pharma-Konzerne !!!


In der von BioMarin zitierten Literatur kann ich die behaupteten Todesfälle nach iatrogenen Überdosierung mit 4-AP oder 3,4-AP NICHT entdecken.


Ich kann aber Literaturbeispiele nennen (s.u.), wo hohe Überdosierungen (durch die Patienten selbst - aus Versehen) und 1x als "Unfall") GLIMPFLICH  verliefen.



Es folgen hier nun Fallbeschreibungen als Gegengewicht zur Information durch BioMarin::


Die übelsten iatrogenen Intoxikationen führten nicht zum Tod.
Ein Beispiel für einen tödlichen Verlauf kann ich nicht entdecken.
Falls ein solcher Fall veröffentlicht sein sollte, müsste man genau hinschauen,
in welchem Zustand sich der Patient vor der Überdosierung sich befand.
F.M.


"A previously healthy 8-month-old white boy presented to a emergency department (ED) 40 minutes after he was found ingesting up to 20 mg of his grandmother's 4-AP. His grandfather found him with green-colored saliva around his mouth, which is the same color as the contents of the 4-AP capsule. This capsule was the only one missing, according to relatives...... The patient did not have any further episodes of increased muscular tone and was not given any other medications during the PICU stay. He was transferred to a regular ward after 6 hours of PICU observation. We reevaluated him 20 hours after the ingestion, and he was completely asymptomatic. He was restarted on formula feeds without difficulty".


"The child was discharged from the hospital the next day."


Quelle: Larissa Velez et al.: 4-Aminopyridine Ingestion by a Healthy Pediatric Patient (3)  



In derselben Veröffentlichung werden weitere Fälle von Dosierungsirrtümern durch Patienten sowohl für 4-AP als auch 3,4-DAP vorgestellt: Alle verliefen glimpflch.


"There have been few reported cases of 4-AP intoxication. Spyker and colleagues4 wrote one of the earliest reports of 4-AP poisoning in 1980. They reported 3 male patients who had ingested "pinch amounts" of an avicide containing 99% 4-AP in the belief that it was Spanish fly (cantharidin)".


"Two of them were hospitalized ...Both patients made full recoveries."


Weiterhin ebenda:


"Stork and Hoffman18 reported 3 cases of overdose by adult patients with multiple sclerosis who were on 4-AP therapy....."


"All of the patients required intubation, but none of them had reported permanent sequelae."


Und:


"In 1996, Pickett and Enns19 described a case of a 34-year-old woman with multiple sclerosis who had doubled her usual daily 4-AP dosing regimen......"


"The effects lasted for _1 hour. As in the other cases, she was treated with benzodiazepines and had a full recovery."



Und ein Beispiel für 3,4-DAP in diesem Beitrag:


"3,4-Diaminopyridine is a structurally related compound that has also been used for disorders of neuromuscular transmission.... Studies suggest that it is more potent and has fewer side effects than 4-AP. However, seizures were reported in a patient who was taking 3,4-diaminopyridine for Eaton-Lambert syndrome and inadvertently received a higher dose of this medication... Despite suffering cardiac arrest, she survived and recovered completely."



Ich sehe weitere Kritikpunkte - allerdings als Nicht-Medizinerin und Nicht-Pharmakologin sowie Nicht-Juristin- und werde meine Sicht der Dinge - wie immer mit wissenschaftlichen Nachweisen - an dieser Stelle weiter ausführen.  Für Korrektur-Hinweise inhaltlicher Art bin ich nur allzugerne zu haben.
Es geht schließlich um Verbesserungen zum Vorteil von Patienten.



Freya Matthiessen

23/24. Januar 2010



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Quellen:

 

(1) David J Nicholl, David Hilton-Jones, Jacqueline Palace,, Sam Richmond, Sarah Finlayson, John Winer, Andrew Weir, Paul Maddison, Nick Fletcher, Jon Sussman, Nick Silver, John Nixon, Dimitri Kullmann, Nick Embleton, David Beeson, Maria Elena Farrugia, Marguerite Hill, Chris McDermott, Gareth Llewelyn, James Leonard, Michael Morris:


Orphan Drugs: Open letter to prime minister David Cameron and health secretary Andrew Lansley.
BMJ 341:doi:10.1136/bmj.c6466 (Published 16 November 2010

 

(2) Larissa Velez, Farshad Shirazi, Collin Goto, Greene Shepherd and Brett A. Roth:
Opisthotonic Posturing With Neuromuscular Irritability
Attributable to 4-Aminopyridine Ingestion by a Healthy Pediatric Patient.
Pediatrics
2003;111;e82-e84 Downloaded from www.pediatrics.org by on June 27, 2010)

 

Weitere Literaturhinweise fehlen lediglich NOCH aus fehlender Tipp-Zeit-und Anstrengungs-Gründen.

 

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